Schritt für Schritt habe ich mich bei meinen Fotomodellen von der Familie, über Freunde zu Bekannten, zu Freunden von Bekannten, bis zu mir unbekannten Personen voran getastet. Ein spannender Prozess, da mit jedem Erweitern des Kreises auch die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Person intensiver wurde. Das Kennenlernen der Unbekannten, sozusagen. Schlussendlich sind es ja für mich Unbekannte.
Neben meinem anfänglichen Hauptinteresse am technischen Prozess der analogen Fotografie ist nun sehr schnell das Interesse an der Wirkung der Bilder auf die porträtierten Personen gewachsen – und an den Personen selbst. Wie nehmen sie sich wahr, von innen und außen? Weitergehend entsteht die Frage, stimmt das Selbstbild damit überein, was ich zu erkennen vermag – oder dem was mir zu erkennen „erlaubt“ ist. Wo besteht eine Grenze zu beiden Seiten?
WARUM wirken die erstellten Bilder auf viele Porträtierte so stark?
WARUM passiert dieses oder jenes Gespräch in der Dunkelkammer?
WARUM poppt genau das passende Thema auf?
Erzeugt die Ursache eine Wirkung, oder ein Thema die Ursache, oder ist alles nur Zufall?
Von Beginn an habe ich jeder erstellten Platte einen kurzen Kommentar oder eine Anmerkung in mein Notizbüchlein hinzugefügt. Spannende kleine Geschichten oder meine „gedachte Essenz“ des Bildes. Geschichten über Eltern, Narben, Normen, Reisen, Erfahrungen, Wünsche, Ziele, Vergangenes, Abgeschlossenes oder Abzuschließendes, Tränen und Freude. Zu jedem dieser einfachen Wörter gibt es die passende Platte, die für mich die dazugehörige Geschichte erzählt.
Das ist für mich der Gehalt eines Portraits.
Nicht die Pose, die korrekte Haltung, die Figur, das Makeup, die technische Rafinesse machen ein Portrait aus. Es ist die Person hinter dem Menschen und dessen persönliche Geschichte. In einem Augenblick festgehalten; in genau diesem einen Moment.